An den Rat der Stadt Solingen/ Herrn Oberbürgermeister Franz Haug Rathaus Cronenberger Str. 42648 Solingen Widerspruchsbegründung Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, mit Beschluß vom 31. August 2000 hat der Rat der Stadt Solingen die Feststellung getroffen, daß das am 06. Juli 2000 eingereichte Bürgerbegehren rechtlich weder den formellen Anforderungen gemäß § 26 Abs. 3 GO NW noch den materiellen Anforderungen des § 26 Abs. 5 Nrn. 3, 5 und 8 GO NW genügen würde. Der Ratsbeschluß und der begründende Bescheid vom 15. September 2000 sind inhaltlich falsch und damit rechtswidrig. Daraus ergibt sich die Verpflichtung auf Zulassung des Begehrens. 1. Das Bürgerbegehren ist nicht bereits nach § 26 Abs. 5 Nrn. 3, 5 und 8 GO NW unzulässig. Die Liste der dem Bürgerbegehren nicht unterliegenden Angelegenheiten ist als Ausnahmetatbestand abschließend und kann nur restriktiv ausgelegt werden. Eine extensive Auslegung der Norm verbietet sich unter dem Gesichtspunkt ihres Ausnahmecharakters. Dies vorausgeschickt sei darauf hingewiesen, daß durch das Bürgerbegehren weder zentrale Fragen des Einnahme- und Ausnahmegebarens sowie der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe der Stadt Solingen noch Angelegenheiten betroffen sind, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu entscheiden sind. Die Frage der Attraktivierung des Hauptbahnhofes Solingen-Mitte zu einem Verknüpfungspunkt von Bus und Bahn ist geprägt von den Überlegungen im Rahmen einer Innenstadtkonzeptionierung im Hinblick auf den fließenden und ruhenden Verkehr, so daß Fragen der Gemeindewirtschaft nicht im Vordergrund stehen. Da es sich bei der verkehrsmäßigen Gestaltung der Innenstadt um ein Konzept handelt, das in den Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten einer Gemeinde fällt, ist damit nicht nur eine Angelegenheit gegeben, für die der Rat eine gesetzliche Zuständigkeit hat. Darüber hinaus wird das, vom Eisenbahnbundesamt zu betreibende Planfeststellungsverfahren dadurch nicht betroffen. Dem Stadtdirektor der Stadt Solingen war mit Schreiben vom 14. April 2000 ein Entwurf des Formulars vorgelegt worden, welches ausdrücklich auf einen Antrag gemäß § 26 Abs. 1 GO NW hinwies. Herr Stadtdirektor Schneider formulierte dann mit Schreiben vom 25. April 2000 die zur Entscheidung zu bringende Frage im zweiten Satz zu einer Aufforderung um. Damit war nicht nur gewährleistet, daß in das vom Eisenbahnbundesamt zu betreibende Planfeststellungsverfahren nicht eingegriffen würde, sondern dadurch wurden auch andere Probleme ausgeräumt, die im weiteren behandelt werden. Ist somit allenfalls ein "Anstoß" zu einem Planfeststellungsverfahren gegeben, handelt es sich darüber hinaus nur um einen unwesentlichen Teil des Bürgerbegehrens. Der wesentliche Teil ist in Satz 1 der zur Entscheidung bringenden Frage formuliert, nach dem nämlich der Busbahnhof vom Graf-Wilhelm-Platz zum Hauptbahnhof zu verlegen ist. Dieser Fall behandelt ausschließlich eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinde. Im übrigen enthält die Begründung des Ratsbeschlusses einen Widerspruch dahingehend, daß Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe auf der einen Seite und Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahren zu entscheiden sind bzw. Angelegenheiten, für die der Rat keine gesetzliche Zuständigkeit hat, nicht kumulativ nebeneinander vorliegen können - es sei denn, beide Bereiche werden nur am Rande betroffen. Dann versteht sich die Unanwendbarkeit des § 26 Abs. 5 GO NW von selbst. 2. Das Bürgerbegehren ist auch nicht aus formellen Gründen gemäß § 26 Abs. 3 GO NW unzulässig, da es als initiierendes Begehren in kommunalen Angelegenheiten nicht an Fristen gebunden ist. Die mit dem Bürgerbegehren verfolgte kommunale Angelegenheit ist auch in der Vergangenheit nicht Gegenstand eines Ratsbeschlusses gewesen. Bislang hatte der Rat lediglich der Planung für die Gestaltung der Umfelder sowie der Anlage von Bushaltestellen an den zukünftigen Schienenhaltepunkte Solingen-Mitte und Solingen-Grünewald zugestimmt und die Verwaltung beauftragt, alle notwendigen Abstimmungsgespräche zu führen und die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Finanzierung zu sichern und die Planung zugleich zur Realisierung der neuen SPNV-Haltepunkte durch die Deutsche Bahn AG umzusetzen. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, daß mit Schreiben vom 14. April 2000 ein Antragsentwurf gemäß § 26 Abs. 1 GO NW dem Stadtdirektor Schneider zu Prüfungszwecken vorgelegt wurde. Dieser bescheinigte mit Schreiben vom 25. April 2000 die Einhaltung der formellen Erfordernisse des § 26 GO NW und formulierte Satz 2 der zur Entscheidung zu bringenden Frage entsprechend um. Das Bürgerbegehren ist initiierend, da es sich mit einem wesentlich anderen Inhalt befaßt, als der bisherige Ratsbeschluß, nämlich der Verlegung des Busbahnhofes zum Hauptbahnhof. Die Planung der beiden Haltepunkte Solingen-Mitte und Solingen-Grünewald ist dabei lediglich flankierendes Thema. Hilfsweise wird für den Fall des Vorliegens eines kassatorischen Begehrens auf folgendes hingewiesen. Zur Beantwortung der Frage, ob die in § 26 Abs. 3 GO NW vorgegebene Fristenregelung starr ist, jeder Beschluß den Lauf der Frist in Gang setzt und somit die thematisierte kommunale Angelegenheit für künftige Bürgerbegehren gesperrt ist, ist diese Vorschrift im Lichte seiner Funktion als Kollisionsnorm zu interpretieren. So ist für jeden Beschluß zu fragen, ob er dieses Schutzes bedarf oder ob die Fristenregelung trotz eindeutigen Wortlautes nicht zur Anwendung gelangt. Der Stadtdirektor der Stadt Solingen hat nach Prüfung mit Schreiben vom 25. April 2000 die Einhaltung der formellen Erfordernisse des § 26 GO NW in Kenntnis der Formulierung der zu entscheidenden Frage im Rahmen des § 26 Abs. 1 GO NW als eingehalten bestätigt. Zunächst einmal besteht für jeden Amtsträger in Bezug auf seine Amtsführung die Verpflichtung, Auskünfte richtig, sachgerecht, vollständig und unmißverständlich zu erteilen. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich dann eine Selbstbindung der Verwaltung, die zu einer Fristverlängerung führt, die lediglich an dem Kriterium der Verwirkung zu messen ist. Auf diesen konkreten Fall bezogen muß dann davon ausgegangen werden, daß die Frist des § 26 Abs. 3 GO NW unbeachtlich ist. Im Hinblick auf den Wiedereinsetzungsantrag sei auf die in Rechtsprechung und Literatur bestehende Einigkeit darüber hingewiesen, daß die Regelung des § 32 VwVfG „Auschlußfristen“ nicht ausnahmslos ausschließt; es sei verwiesen auf die entsprechenden Kommentierungen (vgl. insb. Kopp VwVfG § 32 Rdnr. 1, § 31 Rdnr. 39f.) in Fällen besonderer Umstände, außergewöhnlicher Härte oder wenn die Ursache der Fristversäumnis der Behörde zuzurechnen ist (dazu die Ausführung oben), insbesondere, wenn die Behörde angesichts der besonderen Umstände des Falles gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn sie sich auf die Fristversäumnis beriefe; im übrigen bestünde selbst in solchen Fällen ein Anspruch auf Nachsicht. Mit freundlichen Grüßen Günter Krain Bernd Rosenthal Götz Eduard Simmel
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Hauptbahnhof -Widerspruchsbegründung zur Ablehnung des Bürgerbegehrens
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- Kategorie: Verkehr und Umwelt
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