Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger, die Bürgergemeinschaft für Solingen, als einzige Fraktion im Stadtrat der Stadt Solingen, die keine Partei ist, hat sich sehr intensiv mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf für das Jahr 2001 befasst. Bevor ich nun aber zu unseren Beratungsergebnissen komme, möchte ich auf eine immer wieder herausgestellte Aussage von Mitgliedern der CDU und FDP Fraktion im Rat eingehen. Immer wieder wird gesagt: Die CDU und FDP wertet die Vorlage eines durch den Regierungspräsidenten genehmigungsfähigen Haushalt als Erfolg. Für die Bürgergemeinschaft für Solingen und alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt erkläre ich jedoch: Dies ist kein Erfolg, sondern lediglich die Erfüllung einer Erwartung, die an die Mehrheitsfraktionen gestellt werden muss. Es gehört nun mal zu den Grundfertigkeiten in der Politik, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Insofern handelt es sich dabei um keinen Erfolg, sondern um die Erfüllung einer grundsätzlich Pflicht – mehr aber auch nicht. Bevor ich nun zu unseren Kritikpunkten an Ihrem Haushaltsentwurf komme, muss ich und ich tue es in diesem Falle gerne, den Oberbürgermeister loben. Die Ressortleiterinnen und Ressortleiter ziehen jetzt doch nicht um. Das große, kostenintensive Stühlerücken findet nicht statt und spart viel, viel Geld. Es freut die Bürgergemeinschaft für Solingen, dass Sie unserem Vorschlag in diesem Bereich gefolgt sind. Herzlichen Dank. Auch dem Vorschlag der Bürgergemeinschaft für Solingen zur Einstellung von Mitteln für ein Freizeitgelände Aufderhöhe sind Sie bei Ihrem Haushaltsentwurf für das Jahr 2001 gefolgt. Unser Vorschlag stammt zwar aus dem Jahr 2000 und wurde von dem Kandidaten der CDU in Aufderhöhe während des Wahlkampfes heftigst abgelehnt, aber die Vernunft obsiegt eben doch. Die Bürgergemeinschaft für Solingen ist sehr froh, dass für die insgesamt 348 neuen Wohneinheiten in Aufderhöhe ein passendes Freizeitgelände, vor allem für die Kinder und auch gegen den Willen des CDU-Kandidaten in diesem Wahlbezirk geschaffen wird. Auch hierfür herzlichen Dank, Herr Oberbürgermeister. Nach dem Dank nun aber mal ´ran an Ihren Haushaltsentwurf: Themenbereich "Bürgernähe" Die CDU war im Wahlkampf mit der Forderung angetreten, mehr Bürgernähe zu schaffen und unter anderem auch die jeweils einverleibten Bezirksvertretungen Merscheid und Burg zu reaktivieren. Dazu hatte die CDU im Vorfeld der Wahl Unterschriften gesammelt (das ist ja nicht neu: die CDU sammelt ja neuerdings für und gegen alles Unterschriften) und Hoffnungen bei den Bürgerinnen und Bürgern geweckt. Nach der Wahl war das Versprechen die Bezirksvertretungen Merscheid und Burg wieder einzusetzen komplett vergessen. Erst bestand innerparteilicher Diskussionsbedarf, dann kamen Kostenbedenken hinzu. Kurz: Das Wahlversprechen sollte todgeschwiegen werden. Aber: Die Bürgergemeinschaft für Solingen stellte den Antrag auf Wiedereinsetzung der Bezirksvertretungen und die CDU lehnte ihr eigenes Wahlversprechen ab. Um nun aber die Bürgerinnen und Bürger aus Burg und Merscheid zu beruhigen – diese sind aufgrund des gebrochenen Wahlversprechens zurecht aufgebracht – erhielten die "aufnehmenden" Bezirksvertretungen jeweils sage und schreibe DM 2.500,00 für den neu hinzugefügten Bereich. Diese Zahl spricht eindeutig für sich: Sie wollen mit DM 2.500,-- Bürgernähe und Bürgerbeteiligung schaffen? Ich kann da nur sagen: lächerlich! Übrigens haben Sie bei Ihrem vorgelegten Haushaltsentwurf auch Ihre CDU- und FDP- Parteikolleginnen und Kollegen in den Bezirksvertretungen Solingen-Mitte und Ohligs/Aufderhöhe/Merscheid ganz gehörig vor den Kopf gestoßen: Diese hatten nämlich einem Antrag der BfS auf Erhöhung des Budgets für die Bezirksvertretungen auf DM 80.000,00 zugestimmt. Wie erklären Sie Ihren Parteifreunden in den Bezirksvertretungen Ihre Ablehnung? Haben Sie intern die Übersicht verloren? Themenbereich "Bauen" In Ihrem Etat werden rund 2.000.000,00 DM für die Westtangente eingestellt. Wir alle wissen, dass diese Neubaumaßnahme sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern, als auch bei den Verkehrsexperten äußerst umstritten ist. Ich frage mich, warum hier eine Straßenbaumaßnahme mit Gewalt durchgesetzt werden soll, wo doch die Anbindung der Viehbachtalstrasse weiterhin nicht vernünftig durchgeführt worden ist? Die Gründe dafür, warum man das Angefangene nicht zu Ende führt, wissen nur CDU und FDP. Auch fragt sich die Bürgergemeinschaft für Solingen, warum für die Wilhelm-Hartschen-Schule keine Turnhallen-Planung etatisiert werden darf. Der Behindertenbeirat hatte in seiner Sitzung vom 12.03.2001, bei einer Gegenstimme eine Empfehlung für die Planung einer Turnhalle für die Wilhelm-Hartschen-Schule ausgesprochen. Die Schülerinnen und Schüler haben zur Zeit ihren Turnunterricht in einer umgebauten Werkhalle, die selbstverständlich nicht den Notwendigkeiten einer Unterrichtung im Behindertenbereich genügt. Warum wird hier nichts für diese Schülerinnen und Schüler getan? Warum stimmt die Vorsitzende des Sozialausschusses, Frau Rita Pickardt als einzige gegen die Planung einer Turnhalle für behinderte Schülerinnen und Schüler? Das weiß Frau Pickardt wahrscheinlich selbst nicht, eines ist jedoch festzuhalten: mit einer sozialen Verantwortung für behinderte Kinder hat das nichts zu tun! Themenbereich "Verkaufen" Für die Bürgergemeinschaft für Solingen und ich denke für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt möchte ich hier festhalten: Wenn Sie schon (mehr oder weniger – eher weniger professionell) Bürgervermögen, in Form einer Beteiligung an den Stadtwerken verscherbeln, so bitte doch nur, um von dem Erlös die Altschulden der Stadt zu tilgen. Bitte verteilen Sie keine Wahlgeschenke an Ihr Wählerklientel, deren Folgekosten die Allgemeinheit auf Jahrzehnte hin zu tragen hat. Und wichtig auch: Halten Sie Ihre Versprechen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtwerke. Wir wenden uns auch gegen den von der FDP vorgeschlagenen Verkauf des Klinikum Solingen. Mit dem Klinikum verfügt die Stadt über eine hervorragende medizinische Versorgung. Das Management stimmt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hervorragende, motivierte Arbeit. Wer hier über den Verkauf spricht, verunsichert unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zeigt, dass er vor lauter Aktionismus den Blick für die Realität verloren hat. Die FDP sollte vielleicht doch vorher nachdenken, bevor sie die Menschen dieser Stadt mit wagen Ideen schockiert. Angesichts der undurchsichtigen Stadtwerke-Verhandlungen sind die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ohnehin schon verunsichert und schockiert. Themenbereich "Finanzen" Die Mehrheitsfraktionen sprechen in Veranstaltungen häufig vom "Konzern Stadt Solingen" und meinen damit wahrscheinlich eine an der Wirtschaftlichkeit orientierte Ein- und Ausgabenpolitik, sowie eine professionelle Finanz- und Investitionsplanung. Wer aber den Haushaltsentwurf genau liest muss feststellen, dass eine Konzernbilanz fehlt. Der Haushaltsplan ist dadurch unvollständig, da ein elementar wichtiger Teil, nämlich der gesamte Bereich der Vermögensbetriebe ausgeblendet wird. Bei den Vermögensbetrieben erfolgen jedoch die Kreditaufnahmen und die Tilgungen, so dass ein Fehlen dieses Bereiches eine Transparenz unmöglich macht. Wer vom "Konzern Stadt Solingen" spricht, sollte auch in der Lage sein eine Konzernbilanz aufzustellen, ansonsten kann über die hochtrabenden Zielsetzungen zu Wirtschaftlichkeit sowie professioneller Finanz- und Investitionsplanung leider nur gelacht werden. Aufgrund der fehlenden Konzernbilanz ist wahrscheinlich auch der Haushaltsansatz von insgesamt 463.000,00 DM zur Leerung und Betreuung von Parkautomaten und Parkuhren im Stadtgebiet nicht aufgefallen. Der Bürgergemeinschaft für Solingen ist es jedoch aufgefallen, zum Glück, denn mit einem Betrag von jetzt nur noch 250.000,00 DM spart die Stadt viel Geld. Mit dieser Ersparnis will die Bürgergemeinschaft die Budgets der Bezirksvertretungen auf DM 80.000,00 aufstocken, was die Mehrheitsfraktionen, bis auf wenige Bezirksvertreterinnen und Bezirksvertreter mit Weit- und Überblick, leider ablehnen. Bitte begründen Sie Ihre Ablehnung nun aber nicht mehr mit dem Argument der Finanzierung, denn die Finanzierung wäre gesichert! Der Stadtkämmerer spricht durchweg von sinkenden Steuereinnahmen. Diese Aussagen sind jedoch ganz einfach falsch, betrachtet man im hinteren grünen Anlagenteil die Anlage 20. Also noch einmal: Im Haushaltsentwurf werden steigende Steuereinnahmen aufgeführt – der Stadtkämmerer sprich von sinkenden Steuereinnahmen. Was stimmt denn nun, Herr Schneider? Ist der Haushaltsentwurf falsch oder, man könnte spitz formulieren "wieder einmal", Ihre Aussagen? Zahlen haben Sie alle zur Genüge vor sich liegen, die wichtigsten Zahlen aber will ich hier noch einmal nennen, weil sie vielfach verschwiegen werden: Das Gesamtdefizit aus dem laufenden Haushalt 1999 bis 2004 beläuft sich auf 360.018.000,-- DM zuzüglich Altschulden von DM 817.950.000,--. Hinzu soll eine Neuverschuldung von 18.812.000,00 DM bis zum Jahr 2004 in Kauf genommen werden, wobei die Bürgergemeinschaft für Solingen insgesamt 350.000.000,00 DM Instandhaltungsrückstau allein bei Straßen und Gebäuden errechnet hat. Dies sind Zahlen meine sehr geehrten Damen und Herren, die für sich sprechen und den von CDU und FDP hochgelobten Haushaltsentwurf deutlich relativieren. Kommen wir zur Entwicklung der allgemeinen Rücklagen im Haushaltsentwurf: Wussten Sie eigentlich, dass für die allgemeinen Rücklagen eine Summe, die 2 % der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes der letzten drei Jahre betragen soll, ausgewiesen werden muss? Ich kann nur hoffen, dass dies bekannt ist, denn die Einhaltung der Vorschriften gehört zum Einmaleins für die Aufstellung eines Haushaltes. Schauen wir uns aber die allgemeinen Rücklagen an: Sie enthält 349.000,00 DM. Legen wir jedoch die vorgeschriebene Summe von 2 % der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes der letzten drei Jahre zu Grunde, so müssten es 11.921.000,00 DM sein. Noch mal ganz langsam und zum mitschreiben: In der allgemeinen Rücklage fehlen zur Erfüllung der Vorschriften 11.572.000,00 DM! Die allgemeine Rücklage enthält nur 3 % der vorgeschriebenen Größe! In diesem Jahr ist sogar eine zusätzliche Entnahme von 2.265.000,00 DM vorgesehen. Wer achtet bei Ihnen denn noch auf die Einhaltung der Vorschriften? Der Höchstbetrag der Kassenkredite soll laut Haushaltssatzung auf 300.000.000,00 DM festgesetzt werden. Hierbei sind die Zinsausgaben mit 8.167.800,00 DM angesetzt worden, was eine Steigerung zum Vorjahr von sage und schreibe 50,30 % bedeutet. Dies so denken wir, ist dringend begründungspflichtig, handelt es sich doch um eine erhebliche Veränderung zum Vorjahr. Einfach mal eine Feststellung: Im gesamten Land Nordrhein-Westfalen gehört Solingen zu den 20 % der Gemeinden, denen der Haushaltsausgleich nicht gelingt. Der Regierungswechsel zu einer Mehrheit aus CDU und FDP hat daran nichts, aber auch gar nichts geändert. Wie machen das denn die anderen Städte und Gemeinden? Ist von Ihnen schon mal einer oder eine auf die Idee gekommen, dort zu fragen? Eins ist doch deutlich erkennbar: Auch CDU und FDP schaffen, entgegen ihren Aussagen im Wahlkampf, den Haushaltsausgleich nicht. Das sagt alles. Themenbereich "Personalpolitik" Die Stadt Solingen leistet sich einen zu großen Verwaltungsvorstand. Die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt wissen natürlich, welche parteipolitischen Überlegungen und welche parteiübergreifenden Absprachen der Zusammensetzung des Verwaltungsvorstandes zugrunde liegen. Die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass das Parteibuch und nicht praxisrelevante Fähigkeiten hier eine große Rolle spielen. Die Bürgerinnen und Bürger wissen aber auch, dass in Städten vergleichbarer Größe der Verwaltungsvorstand in der Regel aus 5 Beigeordneten inklusive Oberbürgermeister besteht. Wer immer wieder vom Sparen spricht, der muss endlich auch mal bei sich selbst anfangen. In dieser Verwaltungsvorstands-Konstellation steckt Sparpotential. Liebe Parteien, schöpft das Sparpotential hier aus. Ansonsten werdet ihr vor den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt unglaubwürdig, denn eines ist doch klar: Mit den Sparmaßnahmen sollte man immer bei sich selbst anfangen! Themenbereich "Beteiligungen" Die Beteiligungen der Stadt an Telebel bzw. Tropolys wird im Haushaltsplan nicht aufgeführt. Wo sind diese Beteiligungen hin? Sind sie vergessen worden? Liegen sie irgendwo unter einem Tisch? Am besten suchen Sie nochmals oder geben uns darüber Auskunft! Zusammenfassung Zusammenfassend kann gesagt werden: Ihrem Haushaltsentwurf entnehmen die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt keine Zukunftsperspektiven: Weder für das drängende Problem der Arbeitslosigkeit in unserer Stadt, noch für die Schaffung von Lebensqualität für die Menschen, noch für den Weg aus der Finanzkrise. Der vorgelegte Haushaltsentwurf ist unvollständig – es fehlen die Konzernbilanz sowie eine Beteiligung – und erheblich erklärungsbedürftig. Den Mehrheitsfraktionen im Rat der Stadt Solingen fehlen die Visionen für diese Stadt. Mehr als "verwalten" kommt ihnen nicht in den Sinn und das ist genau das, was diese Stadt nicht braucht. Mit dem vorgelegten Entwurf lässt sich eine Stadt verwalten aber nicht gestalten! Ein wichtiges Fazit aus dem vorgelegten Entwurf ist: Die CDU und die FDP schaffen den Haushaltsausgleich nicht – sie schaffen ihn entgegen den Ankündigungen im Wahlkampf nicht. Die verzweifelten Versuche der Fraktionsvorsitzenden Ihrer Parteien, den Haushaltsentwurf schönzureden und alle Fraktionen im Rat im Bereich "Sparen" zusammenzuführen, täuschen über den wahren Wert dieses Entwurfes nicht hinweg: Dieser Haushaltsentwurf ist schwach und daher abzulehnen! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.